Tempo 30 in der Maxvorstadt

Antrag pdfhttps://risi.muenchen.de/risi/dokument/v/6860220

Antrag zur Sitzung des Bezirksausschusses Maxvorstadt am 21. September 2021
Derzeit wechseln Geschwindigkeitsbegrenzungen 30 und 50 Km/h häufig ab, gelegentlich auch abhängig von der Uhrzeit und vom Wochentag. Die entsprechende Vielzahl an Straßenschildern führt dabei keineswegs zu verbessertem Verständnis. Im Gegenteil: Oftmals wird die Tempo-30-Zone gar nicht wahrgenommen.
Eine einheitliche Regelung wäre somit im Interesse aller Verkehrsteilnehmerinnen und würde für mehr Klarheit sorgen, Lärm und Abgase im Interesse der Anwohnerinnen verringern. Der BA fordert daher, auf allen Straßen in der Maxvorstadt 30 Km/h zur Regelgeschwindigkeit zu machen. Die Landeshauptstadt München wird daher aufgefordert, mögliche Rechtsgrundlagen und Schritte zu prüfen, die eine Hinführung zu einer Umsetzung von Tempo 30 Km/h als Regelgeschwindigkeit ermöglichen.
Begründung:
In München sind bereits „80 bis 85 Prozent des gesamten Straßennetzes Tempo-30-Zonen“.1 Dies ist erfreulich. Allerdings verbleiben damit 15 bis 20 Prozent des Straßennetzes, in denen schneller gefahren werden darf. Dies gilt auch für Straßen bzw. Straßenabschnitte in der Maxvorstadt. Dabei handelt es sich in der Maxvorstadt nahezu ausnahmslos um Straßen, an denen unmittelbar Wohnhäuser stehen und die von verschiedenen und vielfältigen Verkehrsteilnehmerinnen mit- und nebeneinander genutzt werden. Im Folgenden ist aufgeführt, welche Vor- und Nachteile mit einer solchen Maßnahme verbunden sind und weshalb im Ergebnis Tempo 30 die angemessene innerstädtische Regelgeschwindigkeit in München und insbesondere in der Maxvorstadt wäre.2 Sicherheit und besserer Verkehrsfluss Wie erwähnt gilt für den Großteil der Straßen in München (und dies inkludiert die Maxvorstadt) bereits Tempo 30, allerdings ist dies wegen der in der StVO festgelegten 1 https://www.muenchen.de/rathaus/Serviceangebote/verkehr/verkehrssicherheit.html [zuletzt geprüft am 04.07.2021]. 2 Ausgenommen sind lediglich Straßen bzw. Straßenabschnitte, in denen niedrigere Geschwindigkeiten gelten, etwa Fahrradstraßen, Spielstraßen o.ä. 2 innerstädtischen Regelgeschwindigkeit von 50 Km/h in jedem einzelnen Fall das Ergebnis langwieriger und aufwändiger Prüfverfahren. Würde man dieses System umkehren, würde die rechtliche Situation den realen Gegebenheiten und Anforderungen angepasst und somit eine effizientere Verkehrsplanung möglich. Der Anhalteweg beträgt bei 50 Km/h ca. 40 Meter. Bei 30 Km/h sind es ca. 18 Meter.3 Zudem sind die Schäden und Verletzungsrisiken bei dennoch auftretenden Unfällen geringer bzw. weniger gravierend. Dass eine Senkung der Höchstgeschwindigkeit im innerstädtischen Verkehr mit zahlreichen und diversen Verkehrsteilnehmerinnen zu höherer Verkehrssicherheit führt, liegt auf der Hand.
Verringerte Durchschnittsgeschwindigkeiten führen individuell zu längerer Fahrtdauer. Allerdings dürfte diese Verlangsamung bei innerstädtischen Fahrten gering und somit zu verkraften sein. Mit Blick auf die gesamte Mobilität, also das Zusammenspiel von (privaten) PKW, ÖPNV, Fahrradverkehr, Lieferverkehr und Fußgängerinnen, ist hingegen sogar eine Verbesserung des Verkehrsflusses zu erwarten.4 Auch ist bereits jetzt in vielen Straßen häufiges Abbremsen und erneutes Beschleunigen Normalität; wegen einparkender PKW, haltender Lieferfahrzeuge oder der Müllabfuhr usw. Das heißt, 50 Km/h werden auf innerstädtischen Straßen oft nur sehr kurz erreicht, allerdings nicht selten auch durch starke und entsprechend laute wie gefährliche Beschleunigung überschritten. Zu prüfen wäre auch, inwiefern auf zentralen Straßen durch Vorfahrtsregelungen, ggf. „Grüne Welle“ oder andere Maßnahmen der Verkehrsfluss so verbessert werden kann, dass häufiges Abbremsen und Beschleunigen verringert und insgesamt der Verkehrsfluss auch im Zusammenspiel mit dem ÖPNV und Radverkehr verbessert werden kann. Dabei sollte für die Planung ggf. auch auf Daten und Expertise von Datenanbietern zurückgegriffen werden, mit deren Hilfe sich die innerstädtische Mobilität effizienter planen ließe.5 Klimaschutz, Luftqualität und Lärmreduktion Der Energieverbrauch (unabhängig von der Energiequelle) nimmt mit steigender Geschwindigkeit zu – und mit gesenkter Geschwindigkeit ab. Zugleich verringert sich der Ausstoß von Schadstoffen, die durch Verbrennungsprozesse sowie Reifen- und Bremsabrieb verursacht werden. Dies gilt insbesondere für starkes Beschleunigen und abruptes Bremsen (z.B. an Ampeln). Zudem werden die Straßenbeläge weniger beansprucht. Insgesamt profitieren von geringeren Geschwindigkeiten Klima, Umwelt und die Qualität der Luft. Insbesondere starkes Beschleunigen und hohe Geschwindigkeiten erzeugen nicht zuletzt in dicht bebauten Straßenzügen hohe Lärmemissionen. Eine Verbesserung des Verkehrsflusses 3 Der Anhalteweg setzt sich aus Reaktions- und Bremsweg zusammen. Zur Berechnung wird i.d.R. die folgende Formel herangezogen: [(Geschwindigkeit in km/h : 10) x (Geschw. in km/h : 10)] + [(Geschw. in km/h : 10) x 3]. Der Anhalteweg bei der s.g. Gefahrenbremsung ist kürzer. 4 „Wichtiger für die subjektive Wahrnehmung und damit die Akzeptanz von Tempo 30 ist die Homogenität des Verkehrsflusses. Der Verkehrsfluss kann Messungen zufolge bei Tempo 30 besser sein als bei Tempo 50.“ https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/2546/publikationen/wirkungen_von_tempo_30_an_hauptstrassen.pdf S. 11 [zuletzt geprüft am 04.07.2021]. 5 Beispielsweise die Navigationsfirma TomTom: https://www.zeit.de/mobilitaet/2019-09/navigation-big-data-tom-tom-heiko-schilling/komplettansicht [zuletzt geprüft am 04.07.2021]. 3 und Verringerung der Höchstgeschwindigkeit kann helfen, dieses Übel zu verringern und die Lebensqualität und Gesundheit der Anwohnerinnen insbesondere in den Abend-, Nacht- und Morgenstunden erheblich zu verbessern.
Ermöglichung von Schanigärten
Seit 2020 ist es der Gastronomie möglich, vor dem Lokal PKW-Parkplätze für s.g. Schanigärten zu nutzen. Diese Möglichkeit wird verstetigt und zukünftig von April bis Oktober möglich sein. Dabei ist dies in Straßen ohne Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Km/h nur in besonderen Ausnahmen erlaubt.6 Abgesehen von den Wettbewerbsnachteilen für die entsprechenden Lokale, denen die Möglichkeit erweiterter attraktiver Sitzplätze im Außenbereich verwehrt bleibt, zeigt dieser Sachverhalt deutlich, wie absurd legale Geschwindigkeiten von 50 Km/h in der Innenstadt sind, wenn Schanigärten dort offenbar für zu gefährlich eingeschätzt werden.
Fazit
Insgesamt sind mit der Verringerung der innerstädtischen Regelgeschwindigkeit auf 30 Km/h viele Vorteile im Gegensatz zur aktuellen Situation verbunden. Im Rahmen der Organisation der innerstädtischen Mobilität bleibt dabei der private PKW ein Fahrzeug neben anderen. Allerdings orientiert sich die Planung nicht mehr so zentral um nur ein Fortbewegungsmittel, sondern weitet den Blick auf innerstädtische Mobilitätsanforderungen insgesamt. Auch werden die Kosten – Umwelt, Lärm, Sicherheit usw. – verringert und nicht mehr von der Allgemeinheit, den Anwohnerinnen und Anwohnern und anderen Verkehrsteilnehmern getragen. Zudem steigert dies die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum und ermöglicht, diesen etwa in Form von Schanigärten anders zu nutzen.
Die Senkung der Geschwindigkeit gilt dabei zunächst auch für den ÖPNV, wobei mit Blick auf Straßenbahnen ggf. für einzelne Streckenabschnitte gesonderte Regelungen getroffen werden können. Es ist insgesamt davon auszugehen, dass die Neuerungen bei besserer und effizienterer Nutzung des öffentlichen Straßenraums auch auf den ÖPNV positiv wirken.
Antragsteller:
Janis Detert
Sigrid Eck
Martha Hipp
Dr. Svenja Jarchow

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