…Vater, Mutter, Kind? Von wegen! Familie ist genauso vielfältig, wie die Menschen, die sie leben. Vier Beispiele.
…gemeinsame Geschichte, Erinnerungen.
Familie – ein Begriff, den wir in Deutschland meist mit etwas sehr Positivem verbinden. Sie gibt uns Kraft, Geborgenheit und lässt uns Krisen gemeinsam überstehen. Doch leider können viele Menschen, die vor Krieg und Verfolgung nach Deutschland geflohen sind, nicht auf diesen Zusammenhalt bauen. Seit Anfang des Jahres 2016 wurde die Familienzusammenführung für subsidiäre Schutzberechtigte zwei Jahre lang ausgesetzt. Das bedeutet für diejenigen, die nun endlich in Sicherheit leben können, dass sie dennoch keine Chance haben, ihre Familie aus den Krisengebieten zu sich zu holen. Die räumliche Distanz und die ständige Ungewissheit nach dem Befinden der Liebsten stellen die Betroffenen vor eine große psychische Belastung und stellt das Familienverhältnis vor eine unzumutbare Herausforderung. Integration kann nicht gelingen, wenn Geflüchtete sich hier in der ständigen Unsicherheit befinden, ob sie ihre Familie jemals nachholen können oder ob sie am Ende Deutschland wieder verlassen (müssen) um mit der Familie vereint zu sein. Der Schutz von Ehe und Familie ist im Grundgesetz in Artikel 6 verankert und schafft die rechtliche Grundlage für ein behütetes Aufwachsen von Kindern in ihrer Familie, welcher die Notwendigkeit der Familienzuführung nochmals unterstreicht. Umso wichtiger ist es deshalb, den Familiennachzug allen Geflüchteten zu ermöglichen. Wir Grüne haben uns immer dafür eingesetzt, dass Geflüchtete ihre Familien zu sich nach Deutschland holen können. Wir tun dies vor allem deswegen, weil es die Grundlage unseres politischen Verständnisses ist, dass alle Menschen das Recht darauf haben, in Frieden mit ihrer Familie zu leben. Die Aussetzung der Familienzusammenführung stellt für uns einen unhaltbaren Zustand dar, gegen welchen wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln kämpfen werden.
von Gülseren Demirel
…wo Menschen sich lieben.
So weit, so einfach. Und doch ist man beim Thema gleichgeschlechtliche Vaterschaft immer noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen: Eine rechtlich gemeinsame Adoption ist nach wie vor gesetzlich nicht vorgesehen. Das zu ändern wäre einfach und entspräche der Realität, in der dieser Weg ja via Sukzessivadoption schon oft beschritten wird. Vor allem aber braucht es endlich Bewegung bei der in Deutschland verbotenen Leihmutterschaft. Befragungen von Leihmüttern aus den USA zeigen, dass Feminismus und Leihmutterschaft durchaus vereinbar sind. Darüber inmitten der wieder aufbrandenden Homophobie sachlich zu diskutieren wird sicherlich nicht einfach – wer aber könnte es besser anstoßen als wir Grüne?
von Dominik Krause
…dass ich für meine Mutter ebenso da bin wie sie früher für mich.
Sie ist inzwischen 92 Jahre alt, hat Pflegestufe II und ich pflege sie seit gut zehn Jahren zu Hause – und seit April mithilfe einer Pflegekraft. Wie viele andere Frauen musste auch ich meine Arbeitszeit reduzieren und ich bin die einzige in der Familie, die sich kümmert. Ich musste mir alle Informationen selbst mühsam zusammensuchen und stand im Prinzip von Anfang an alleine da. Der Antrag auf finanzielle Hilfe zur Pflege beim Sozialreferat wurde bisher nicht bearbeitet, doch ich muss den Pflegedienst bezahlen. Das Resultat: Ein Berg Schulden. Ich fordere deshalb eine zentrale Anlaufstelle in Wohnortnähe, bei der pflegende Angehörige Unterstützungsangebote bekommen. Denn Altenpflege ist überwiegend Privatsache und man erhält keine gebündelte Informationen. Außerdem sollte grundsätzlich das Verhältnis zur häuslichen Pflege überdacht werden: Warum beispielsweise zahlt die Pflegekasse für einen Menschen, der im Heim untergebracht ist, fast dreimal so viel Pflegegeld?
von Meike Thyssen
…sich zu helfen, ohne dafür Bedingungen zu stellen.
Neulich war der Aufzug am U-Bahnhof Sendlinger Tor kaputt. Meine Frau nahm mit dem Kinderwagen die Rolltreppe. Die Frau hinter meiner Frau blieb deshalb stehen. Links. Auf einer Rolltreppe! Der Mann hinter der Frau hinter meiner Frau begann zu schimpfen, warum man mit dem Kinderwagen nicht den Aufzug benütze und stattdessen die Rolltreppe verstopfe. Meine Frau erlebt das nicht selten: Menschen machen ihr keinen Platz in der Tram und wenn sie auf unsere sechs Monate alte Tochter angesprochen wird, dann meist vorwurfsvoll, warum sie denn das Kind nicht trage, es sei ja ein „Tragling“ und kein „Liegling“. Oder warum sie es trage, liegen sei doch für den jungen Rücken so viel besser.
Wenn ich hingegen mit unserer Tochter alleine unterwegs bin, ergeht es mir oft anders. Neulich habe ich meine Tochter ins Tragetuch eingebunden. Das sieht ziemlich ungelenk aus. Ein Mann sprach mich an, vom Typ her Junkie oder ehemaliger Junkie: „Hilfe! Hilfe!“ Ich dachte, er will mich um einen Euro anpumpen und wollte ihn schon abwimmeln, als mir auffiel, dass er keine Hilfe von mir forderte, sondern sie mir anbot. Er muss Mitleid mit mir und meinen Verrenkungen gehabt haben. Das erlebe ich oft: Die Leute halten mir die Tür auf, junge Frauen bieten mir ihren Sitz in der U-Bahn an, zwei Passagiere haben sich sogar mal darum gestritten, wer mir beim Kinderwagen-aus-dem-Zug-heben helfen darf. München wäre ein hilfsbereiterer Ort, wenn mehr Väter alleine mit ihren Kindern unterwegs wären.
von Thomas Rose